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Betriebsstätten und Grenzpendler in Coronazeiten

Leitfaden für die Covid-19-Pandemie

28.04.20 / Steuern


Die Arbeit vieler Menschen weltweit, die mitunter seit mehreren Wochen nur noch im Homeoffice arbeiten, wirft auch im internationalen Steuerrecht besondere Fragen auf. Dies gilt dabei nicht nur bei Grenzpendlern, sondern auch für Arbeitnehmer und Geschäftsführer, die wegen der Ausgangssperre ihren gewöhnlichen Arbeitsort nicht mehr aufsuchen können. Arbeiten in einem anderen Staat als dem Ansässigkeitsstaat bzw. dem Heimatstaat des Arbeitgebers führt immer zu komplexen Steuerfragen. Gilt dies um so mehr unter den Auswirkungen der Covid-19-Pandemie?

Hierzu hat das OECD-Sekretariat am 03.04.2020 einen Leitfaden zu aktuellen Fragen veröffentlicht. Angesprochen werden Fragen zur Betriebsstättenbegründung (OECD-Leitfaden Rn. 4 bis 13), zum Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung (Rn. 14 bis 20) sowie zu grenzüberschreitenden Arbeitnehmertätigkeiten (Rn. 21 bis 27) und zum Wechsel der Steueransässigkeit natürlicher Personen (Rn. 28 bis 36).

Zur Betriebsstättenthematik/dem Ort der Geschäftsleitung

1. Fraglich war, ob die aktuellen Reisebeschränkungen und/oder die Tätigkeit von Arbeitnehmern aus dem Homeoffice zur Begründung neuer Betriebsstätten ihres Arbeitgebers und damit einhergehenden steuerlichen Verpflichtungen in anderen Staaten führen kann. Die OECD vertritt die Auffassung, dass die zeitlich begrenzte, Covid-19 bedingte Arbeit in einem anderen Staat z.B. durch Homeoffice keine (neue) Betriebsstätte eines Unternehmens auslöst. Dies hat seine Gründe in der aktuellen Situation, die nicht dauerhaft, sondern zeitlich begrenzt sei. Zudem fehle es auch an der Verfügungsmacht des Unternehmens über das Homeoffice des Mitarbeiters und die Covid-19 bedingte Tätigkeit außerhalb der üblichen Arbeitsstätte sei in der Regel keine freiwillige Entscheidung des Arbeitgebers, sondern basiere auf Vorschriften und Empfehlungen der jeweiligen Länder. Die Frage nach der Qualifikation eines Homeoffice als Betriebsstätte hängt final aber von dem lokalen Steuerrecht des jeweiligen Landes ab. Gegebenenfalls können Registrierungs- und Erklärungspflichten im Betriebsstätten-Staat entstehen.

2. Die Geschäftsleitung eines Unternehmens befindet sich regelmäßig dort, wo die wesentlichen unternehmerischen Entscheidungen getroffen werden. Die Bestimmung dieses Orts dient als Anknüpfungspunkt für die Qualifikation als Ansässigkeitsstaat für DBA-Zwecke und – abhängig vom jeweils nationalen Recht – für eine Besteuerung des Einkommens. Es stellte sich deshalb die Frage, ob sich der Ort der Geschäftsleitung eines Unternehmens ändert, wenn aufgrund der Covid-19-Pandemie Geschäftsführer oder andere leitende Angestellte nicht mehr die Möglichkeit haben, den eigentlichen Ort der Geschäftsleitung aufzusuchen, um dort wichtige unternehmerische Entscheidungen zu treffen, sondern diese zwangsweise aus dem Homeoffice heraus getroffen werden.

Die OECD hält es für unwahrscheinlich, dass aus der zeitlich begrenzten und durch außergewöhnliche Umstände bedingten Ausübung der Geschäftsleitungstätigkeit in einem anderen Staat eine Verlagerung des Ortes der Geschäftsleitung resultiert. Ferner werde eine eventuelle Doppelansässigkeit in der Regel bereits durch die sog. „Tie-Breaker-Rule“ vermieden, welche in den meisten DBA enthalten ist.

Besteuerung des Einkommens natürlicher Personen und Steueransässigkeit

Das vermehrte Arbeiten aus dem Homeoffice wirft auch Fragen auf Ebene der Arbeitnehmer, die üblicherweise nicht von ihrem Wohnsitzstaat aus arbeiten auf. Denn das normalerweise im Ansässigkeitsstaat des Arbeitgebers liegende Besteuerungsrecht für Löhne und Gehälter sowie eventuelle Unterstützungszahlungen der Regierung könnte sich nun in den Wohnsitzstaat des Arbeitnehmers verschieben bzw. es könnte diesbezüglich zu einer Doppelbesteuerung kommen.

Nach Auffassung der OECD ist dieses Thema nicht allein auf Basis der geltenden DBAs zu lösen. Die OECD sieht deshalb die Notwendigkeit, eine geeignete Koordination zwischen den Ländern zu finden, um finanzielle Nachteile bzw. den Verwaltungsaufwand für die Betroffenen gering zu halten. Hierzu verlautbarte, es werde bereits mit einzelnen Ländern an einer angemessenen Lösung gearbeitet. Das BMF hat zum gleichen Thema ebenfalls am 03.04.2020 eine Stellungnahme veröffentlicht. Danach soll bereits daran gearbeitet werden, mit Nachbarstaaten bilaterale Sonderregelungen zu treffen, um nachteilige Effekte für Arbeitnehmer zu vermeiden. Angedacht sind zeitlich befristete Vereinbarungen, nach denen die Arbeitstage im Homeoffice so behandelt werden, als sei im anderen Staat (Ansässigkeitsstaat des Arbeitgebers) gearbeitet worden. Mit Luxemburg und den Niederlanden hat das BMF solche Vereinbarungen am 06.04.2020 bereits abgeschlossen: Für den Zeitraum ab dem 11.03. bis mindestens 30.04.2020 gelten Arbeitstage im Homeoffice als in dem Land erbracht, in dem sie ohne die Maßnahmen zur Bekämpfung der Covid-19- Pandemie erbracht worden wären. Die Vereinbarung verlängert sich automatisch um jeweils einen Monat, sofern sie nicht von einem der Vertragsstaaten gekündigt wurde.

Die OECD sieht keinen Anknüpfungspunkt für die Annahme einer Verschiebung der Steueransässigkeit natürlicher Personen für DBA-Zwecke, da es sich um einen zeitlich begrenzten und durch außergewöhnliche Umstände bedingten Aufenthalt in einem anderen Staat handele. Auch hier solle die „Tie-Breaker-Rule“ der DBA letztlich dazu führen, dass nachteilige Konsequenzen vermieden werden können.

Kontakt

Peter Paulsmeier
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